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  1. #1
    Kickers2k16 Kickers2k16 ist offline
    Avatar von Kickers2k16

    Westfussball > Ostfussball ?

    Schon immer besteht ein grosses Ungleichgewicht zwischen Ost und West im Profi-Fussball. Warum ist das so? Warum sind in den oberen Ligen deutlich mehr Westvereine zu finden? Mal abgesehen von Leipzig, die in einer anderen Kategorie einzustufen sind, schafft es momentan kein Ostverein in die 1. Liga. Auch die 2. Liga ist recht dünn besiedelt. Immerhin schafften zwei Ostvereine aus der 3. Liga den Aufstieg in die 2. Liga. Lediglich in der 3. Liga sind ein paar mehr Ostvereine zu finden. Woran könnte es eurer Meinung nach liegen, dass der Ostfussball so sehr hinterher häng? Ich erinnere mich noch gut an Hansa oder Energie in der 1. Liga. Für mich hatte das immer einen besonderen Reiz. Irgendwie weniger Kommerz, mehr echter Fussball. Wo die Vereine heute spielen ist wohl bekannt. Was muss eurer Meinung nach geschehen, dass der Ostfussball wieder auflebt? Allein Leipzig kann das Ruder nicht reissen.

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    Westfussball > Ostfussball ?

    Schau dir mal diesen Bereich an. Dort ist für jeden was dabei!
  3. #2
    Freddie Vorhees

    AW: Westfussball > Ostfussball ?

    Mehr kommerz, weniger Fussball. Klingt bloed, ist aber wohl so. Scheint dann ja besser zu klappen.

  4. #3
    Sleeping Dragon Sleeping Dragon ist offline
    Avatar von Sleeping Dragon

    AW: Westfussball > Ostfussball ?

    Nun, zunächst einmal liegt das natürlich daran, dass das Ostgebiet insgesamt deutlich kleiner ist als Westdeutschland. Es gibt dort wesentlich weniger relevante Städte und in der Folge auch deutlich weniger junge Menschen, die an den Fußball herangeführt werden können. Das Problem beginnt ja eigentlich bereits im Nachwuchsbereich. Gerade finanzschwächere Vereine müssen oft darauf bauen, dass ihre eigene Jugend Spieler hervorbringt, die sich zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbringend verkaufen lassen. Doch wie viele Spitzenprofis hat Ostdeutschland in den letzten Jahren tatsächlich herausgebracht? Viele Spieler, die in der Region aufgewachsen sind, haben es jedenfalls nicht in die deutsche Nationalmannschaft geschafft. Der letzte wirklich relevante Name, der sich mit dem Osten verbinden lässt, wäre wohl Michael Ballack.

    Natürlich könnte man auch beispielsweise Toni Kroos anführen, der in Greifswald geboren und in der Jugend von Hansa Rostock groß geworden ist, doch noch bevor er als Profi debütierte, hatte er das Interesse von Bayern München geweckt und wechselte dorthin. Ein Jugendspieler ist nun mal vertraglich nicht in dieser Form gebunden wie es ein gestandener Profi ist, ebenso fließen dort oft keine wirklichen Ablösesummen, sondern eher Ausbildungsentschädigungen von deutlich geringerer Höhe. Wenn nun ein deutlich renommierterer und finanzkräftiger Verein wie Bayern München anklopft, kann man dem oftmals noch minderjährigen Spieler schlecht verbieten sich diesem Verein anzuschließen, wenn er (bzw. seine Eltern und Berater) das gerne möchten. Sämtliche Ostclubs hätten Toni Kroos weder das entsprechende Gehalt noch die Entwicklungsperspektiven bieten können, die er in München vorgefunden hat - einfach weil sie schon seit ihrer Wiedereingliederung in den DFB nicht mit den etablierten westdeutschen Vereinen konkurrieren konnten. Das trifft aber in etwas anderem Maße auch auf diverse andere Mannschaften im Westen zu, die alle zehn Jahre vielleicht mal ein erfolgreiches Team zusammenbasteln, nur um dann nach der ersten erfolgreichen Saison zu sehen wie sämtliche Spieler weggekauft werden und man wieder mit dem Neuaufbau beginnen muss. Im Falle von Toni Kroos hat Hansa Rostock damals 2,3 Mio. Ablöse vom FC Bayern erhalten. Für Rostocker Verhältnisse ist das viel Geld, das ein wirtschaftlich so schlecht situierter Verein gut gebrauchen kann. Wenn man sich aber mal die Errungenschaften eines Toni Kroos heutzutage anschaut, ist dies eine geradezu lächerliche Summe. Bayern erhielt für den Spieler beim Transfer zu Real Madrid mehr als das zehnfache dieser Summe - Geld, das sie unter anderem wieder dazu verwenden können vielversprechende Spieler aus den Jugendmannschaften unbedeutenderer Vereine abzuwerben, sodass sich die Geschichte wiederholt. Der Osten hat halt das Problem, dass er keine vergleichbaren Mannschaften als Aushängeschild präsentieren kann, sodass die Vereine dort allenfalls zu Ausbildungszwecken taugen (bzw. aufgrund ihrer Finanzschwäche nicht mal dahingehend vergleichbare Voraussetzungen haben, sonst würde es wohl mehrere Toni Kroos' geben und nicht nur einen) und dann noch nichtmal dafür Respekt erhalten, denn lediglich ein Bruchteil der Zuschauer, die in den nächsten Wochen die EM-Spiele der deutschen Nationalmannschaft verfolgen werden, wird wissen, dass Toni Kroos tatsächlich nicht in München fußballerisch ausgebildet wurde.

    Hinzu kommt, dass der Osten auch für Sponsoren recht unattraktiv ist, unter anderem weil es um die Region auch als Wirtschaftsstandort nicht sonderlich gut bestellt ist. Zusätzlich werden die Geldgeber dadurch verschreckt, dass vor allem die Ostclubs für gewalttätige Fan-Ausschreitungen in Verruf geraten sind. Wen möchte man als finanzstarker Sponsor lieber unterstützen? Dynamo Dresden, einen Verein der vor allem dadurch für Aufsehen gesorgt hat womöglich aufgrund wiederholten Fehlverhaltens nicht für den DFB-Pokal zugelassen zu werden und der fernab jedes wirtschaftlichen Ballungsgebietes liegt? Oder Darmstadt 98, einen Verein, der relativ zentral in Deutschland, im Einzugsgebiet von Großstädten wie Frankfurt liegt und der zudem nie großartig auffällig gewesen ist? Aus solchen Erwägungen heraus werden die Westvereine halt noch weiter bevorzugt.

    Dabei haben die Menschen im Osten halt durchaus großes Interesse am Fußball. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass der MDR das einzige der dritten Programme ist, der fast jedes Wochenende Live-Fußball aus der dritten Liga zeigt und die Stadien der Vereine dort stets relativ voll sind. Dresden hatte vergangene Saison als Drittligist einen Zuschauerschnitt von fast 30.000 - davon kann so mancher Bundesligist träumen, das ist ungefähr das Niveau, das Champions League-Teilnehmer Wolfsburg anbieten kann. Auch Rostock und Magdeburg liegen noch deutlich über 10.000 Besuchern im Schnitt, dahinter folgen viele weitere Ostvereine. Von daher ist es auch wenig verwunderlich, dass sich Red Bull ausgerechnet Leipzig als Standort für sein Sponsoring ausgesucht hat, auch wenn man sich im ersten Moment vielleicht etwas darüber wundern mag. Wenn man aber mal auf die Karte schaut, dann liegt Leipzig für den Osten relativ zentral und könnte von Zuschauern aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg aufgesucht werden. Es ist ein großes Einzugsgebiet fußballbegeisterter Menschen, sodass sich das Projekt trotz relativ geringer Einwohnerzahl lohnen sollte. Vor allem bietet Leipzig ab der nächsten Saison als einziger Verein auf ein paar hundert Kilometer Bundesligafußball, ist also Monopolist in dieser Region. Und ja, das Projekt in Leipzig kann auch dafür sorgen, dass die anderen Vereine davon profitieren, denn es gestaltet den Osten Deutschlands für Profifußballer attraktiver. Selbst wenn Red Bull größere Namen zunächst vor allem mit Geld ködern wird, verleiht es der Region doch eine ganz andere Qualität und es wäre nicht mehr so verpönt für viele Spieler dort einen Vertrag zu unterzeichnen. Ich erinnere mich noch gut daran, dass beispielsweise Energie Cottbus damals in der Bundesliga zu einem großen Teil aus unbekannten Spielern aus Osteuropa oder dem Balkan bestand, d.h. selbst zu seiner besten Zeit konnte der Verein keine anderen Spieler anlocken/bezahlen und musste auf Spieler zurückgreifen, die andernfalls in einer noch rückständigeren Region gekickt hätten. Es könnte also fußballerisch im Osten mittelfristig durchaus aufwärts gehen.

  5. #4
    Kickers2k16 Kickers2k16 ist offline
    Avatar von Kickers2k16

    AW: Westfussball > Ostfussball ?

    Starker Beitrag, danke!
    Ich denke du hast die wichtigsten Punkte genannt. Ein sehr wichtiger Punkt ist die Finanzschwäche, aus meiner Sicht. Die Ostvereine kommen kaum dazu, trotz Erfolg, sich eine Mannschaft mit langfristigen Erfolg aufzubauen. Ganz aktuelles Beispiel Dresden. Der Justin Eilers hat Dynamo mit einer sehr starken Saison in die 2. LIiga geschossen. Jetzt wechselt er, an statt sich mit Dynamo in der 2. Liga zu etablieren. Das Geld für die Ablöse wird selten zu 100% in neue Spieler investiert. Eher gilt es damit wirtschaftliche Lücken zu schliessen. Demzufolge werden die Lücken, die so ein Spieler hinterlässt, fast nie adäquat geschlossen. Ein Kreislauf. Ein anderes Beispiel ist für mich Petersen, der bei Energie Cottbus für Aufsehen sorgte. Den hat man auch aus wirtschaftlichen Gründen ziehen lassen. Natürlich wollte er auch. Doch dieses Geld wurde auch eher zum Überleben genutzt. Seitdem konnte Energie nicht mehr mithalten. Ansonsten hast du alles gesagt. Ich habe allerdings meine Zweifel, dass der Osten eine neue Chance durch Leipzig bekommt. Die Rahmenbedingungen sind niederschmetternd und nicht attraktiv genug.

  6. #5
    Lem Lem ist offline
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    AW: Westfussball > Ostfussball ?

    Zitat Sleeping Dragon Beitrag anzeigen
    Und ja, das Projekt in Leipzig kann auch dafür sorgen, dass die anderen Vereine davon profitieren
    Dadurch, dass RB bereits im Jugendbereich die besten Talente anderer Ost-Clubs ködert und durch die gepushte erste Mannschaft auch im Männerbereich für junge Spieler ist, werden andere Vereine davon absolut nicht profitieren...Vor allem natürlich die beiden Leipziger Traditionsvereine Chemie und Lok gucken dadurch ziemlich in die Röhre.