Thema: Online-Glücksspiel wird legalisiert

Mit einem neuen Staatsvertrag ist Online-Glücksspiel hierzulande seit heute legal. Der Maximaleinsatz beträgt monatlich 1.000,- Euro. Suchtexpertin Ilona Füchtenschnieder sieht rund um die Uhr verfügbare Online-Casinos zu den suchtrelevanten Spielen und kritisiert diesen Schritt in vielerlei Hinsicht:

Ilona Füchtenschnieder:

„Das ist ein Signal auch an junge Menschen, die auf den Markt kommen, dass quasi Vater Staat sagt: Es ist okay, wenn du 1.000 Euro pro Monat beim Glücksspiel verlierst. Das ist aus suchtpräventiver Sicht eine falsche Botschaft.“

Wie ist Eure Sicht der Dinge? Seht Ihr in der Legalisierung eher kontrollierbare Freiheit oder vielmehr große Gefahr?




[Staatlich legitimierte Suchtgefahr - Deutschlandfunk Kultur]

Max @ home

Wie ist Eure Sicht der Dinge? Seht Ihr in der Legalisierung eher kontrollierbare Freiheit oder vielmehr große Gefahr?

Eine absolute Katastrophe.

Habe mal in meiner Jugend ein paar Jahre im Suchtpräventationsbereich gearbeitet. Der typische Spielsüchtige ist jung (20-30), männlich, intelligent, und spielt nicht weil ihm die Atmosphäre im Spielsalon so gut gefällt, sondern weil er fest an den ihm zustehenden Sensationsgewinn glaubt, mit dem er alle bisherigen Verluste ausgleichen kann. Dass das nicht klappt, merkt er in der Regel erst, wenn die Schulden im 6stelligen Bereich liegen und alle finanziellen Möglichkeiten (Kredit, Verwandte, Freunde) ausgeschöpft wurden.

Für so jemanden ist es einfach, die 1000 EUR-Grenze auszuhebeln. Dann spielt man halt unter mehreren Identitäten. Im Spielsalon kennt die Aufsichtsperson ihre Pappenheimer und kann Süchtigen bzw. den bekannten Schuldenmachern ein Hausverbot erteilen. Irgendwann ist dann auch das Auto gepfändet, und der Spieler kann sich den Trip in die nächste Stadt zu den dortigen Spielsalons nicht mehr leisten. Weil die Kohle für die Fahrkarte fehlt. Online ist das alles kein Thema.

Ich habe mich in meiner Jugend immer gefragt, ob die Spieler nicht wissen, dass es bei den Spielautomaten nicht auf das eigene Geschick ankommt, sondern dass es ganz strenge Algorithmen gibt, nach denen ein bestimmter Anteil der Einnahmen ausgeschüttet werden muss. Da kannst Du Knöpfe drücken soviel Du willst, wenn Du nicht dran bist bist Du nicht dran.
Den Spielern, mit denen ich geredet habe, war das durchaus klar, nur: Jeder von denen glaubte, je öfter er spiele, desto wahrscheinlicher werde sein Hauptgewinn. So funktioniert halt Sucht: Das eigene Suchtverhalten wird rationalisiert.

Da wird noch eine Welle an Privatinsolvenzen in den nächsten Jahren folgen.

Endlich können ein paar Youtuber wieder Glücksspiel auf ihren Kanälen bringen, jetzt wo es legal ist.

Das ist ein katastrophales Signal und eine bescheuerte Entscheidung. Damit stehen jede Menge private Pleiten ins Haus. Doch wer unbedingt spielen wollte hat bestimmt vorher schon andere Wege gefunden

Volle Kraft zurück in die Ahnungslosigkeit. Nachdem das bisherige Verbot durch Schleswig Holstein untergraben wurde, hat sich die Lobby jetzt bundesweit durchgesetzt. In der Anonymität des Online Spiels ist der Mensch viel anfälliger, als in Spelunken vor Ort. Kein gutes Signal und keine gute Entscheidung.

Nebenbei, sämtliche Testimonials für den Dreck, angefangen bei dem Scooter Penner bis hin zu Lothar Matthäus, sollten gesellschaftliche Ächtung erfahren. Wie man sich für so zwielichtiges Gesindel prostituieren kann, spricht Bände über die eigene Moralvorstellung.